Montag, 1. Dezember 2014
Asylpolitik
„Wir sind stolz darauf, das Land in Europa zu sein, das die meisten Asylbewerber aufnimmt.“ Wir sind wieder im Plenarsaal. Bundesinnenminister de Maizière hat das Wort. Und er hat Recht damit. Kein Land in Europa nimmt mehr Flüchtlinge auf. Nimmt man aber die Anzahl der aufgenommenen Asylbewerber in Relation zur Einwohnerzahl und zur Wirtschaftskraft so steht das stolze Deutschland lediglich noch auf Platz sieben in Europa. Weltweit sogar nur auf Platz 52! Beispielhaft geht der Libanon in das Asylverfahren, denn dort wurden über eine Million Flüchtlinge aufgenommenen. Und das bei vier Millionen Einwohnern.
Es ist selbstverständlich dass das in Europa nicht in diesem Maße möglich ist, das hieße das wir in Deutschland beinahe zwanzig Millionen Flüchtlinge aufnehmen müsste, und das lässt sich wohl schwer vereinbaren. Aber ist es genug was wir zur Zeit in Europa tun? Nein, ist es nicht! Zwanzigtausend Syrer hat Deutschland bisher aufgenommen und man wird das Gefühl nicht los das der Zenit schon erreicht ist. „Ja wohin denn mit den ganzen Flüchtlingen? Nicht zu mir in die Straße!“ Viele haben Angst vor der „Flüchtlingsflut“ in ihrer Nachbarstadt. Dass das deutsche Asylrecht lange darauf ausgerichtet war, keine Flüchtlinge aufzunehmen, wissen die wenigsten. Heutzutage ist das viel einfacher. Da wird der Flüchtling, der vor Assads Schergen flieht, einfach nicht als politischer, sondern als Wirtschaftsflüchtling eingestuft. Das heißt dass das nur eine Person ist, die nur unser Sozialsystem in Anspruch nehmen will. „Sozialschmarotzer“ werden diese Menschen in gerne betitelt. Vor allem in Bayern, wo man sich mit Ausländerfeindlichkeit intensiv auseinandersetzt. So will Horst Seehofer mit der gesamten Koalition “bis zur letzten Patrone“(wörtliches Zitat Seehofer!!!) gegen eventuelle Sozialschmarotzer vorgehen, und überhaupt alle die ihren Unterhalt in Deutschland nicht bewältigen können. Das wären zur Zeit die meisten Flüchtlinge, da die meisten hier nicht arbeiten dürfen! Und hier ist die Rede von Fachkräften, die hierher geflohen kommen. Haben wir nicht einen akuten Fachkräftemangel? Wäre das nicht die Lösung für zwei Probleme? Lieber nicht. Stattdessen wird nicht mal ganz einen Hartz-IV-Satz im Monat an die Flüchtlinge gezahlt. Und das auch nur an die, die bereits Asyl bekommen. Die, die noch warten bekommen nicht mal ganz 150 Euro, und dürfen nicht Arbeiten. „Schlimm“, sagen viele, „diese Ausländer, die uns unsere Arbeitsplätze klauen!“ Wie wollen die das denn machen?
Aber gehen wir mal auf eine höhere Ebene und betrachten das ganze auf europäischer Ebene. Seit 1993 gibt es die sogenannte Drittstaatenregelung.
Das bedeutet dass politische Flüchtlinge, die über einen Staat nach Deutschland flüchten, in dem keine politische Verfolgung stattfindet, in Deutschland keinen Anspruch auf das deutsche Asylrecht nach Paragraph 16a Grundgesetz haben. Wann wird das Asylrecht eigentlich auch hier ein Menschenrecht? Und warum tritt hier keiner dafür ein?
Von Herbst 2013, bis August 2014 hatte Italien das Projekt "Mare Nostrum", ein Projekt zur Bergung und Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer. So hatten die Italiener mehrere Schiffe und Helikopter der eigenen Marine bereitgestellt, sowie die Besatzung dazu. Auf eigene Rechnung wohlgemerkt. Zirka 114 Millionen Euro haben die Italiener dafür auf sich genommen. Beim Versuch finanzielle Hilfe zu bekommen, hat Italien in der EU angefragt, und einzelne Staaten innerhalb der EU. Überall nur Ablehnung. Auch von Deutschland! Sinngemäß wurde gesagt: „Wir könnten, aber wir wollen nicht.“ Und so wurde Mare Nostrum wieder eingestellt. 125.000 Flüchtlinge wurden gerettet. Ein durch Mare Nostrum gerettetes Leben hat Italien nicht mal ganz 800 Euro gekostet. Das war der EU zu teuer. 800 Euro für ein Menschenleben ist zu teuer. Die EU hat das Problem aber schon outgesourct. Das macht jetzt die von der EU finzaierte Firma FRONTEX nur mit weniger Schiffen, ohne Helikopter, weniger Besatzung, ein kleineres abgesuchtes Gebiet und natürlich weniger Geld. Viel Weniger. Viel viel weniger. Nicht mal ganz ein Drittel von dem was Italien in Mare Nostrum gesteckt hat. Wie heißt dieses Projekt, bei dem von allem weniger genommen und gegeben wird? FRONTEX Plus.
FRONTEX soll jedoch dieses Projekt jedoch schon in den Dreck gezogen haben, und Flüchtlingsboote abgedrängt und sogar versenkt haben.
Jedoch hat FRONTEX in Europa weitere Projekte zur „Sicherung der europäischen Außengrenzen“. So errichten sie zum Beispiel Zäune an diesen Grenzen. Ein berühmtes Bild, ein Golfplatz in Marokko, über den ein sechs Meter hoher Zaun quer hinüber errichtet wurde. Im Vordergrund waren die spielenden Golfer, im Hintergrund saßen hunderte Flüchtlinge auf dem Zaun, in Schach gehalten von bewaffneten Wachleuten. Aber auch in der Türkei wurde ein Grenzzaun von FRONTEX errichtet und nachdem Griechenland um einen solchen Zaun bat, wurde auch da ein Zaun errichtet. Und weitere werden folgen.
Es ist interessant zu sehen, wie die Leute auf ihre Toleranz pochen, nur scheint diese nicht vorhanden zu sein. Keine Toleranz für Flüchtlinge, keine Toleranz für aktive Hilfe. Kurz: Keine Toleranz für Toleranz.

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